Fisch löst Panik in Washington aus

Cornel Faltin

Washington - Terry Wintermoyer kämpfte etwa eine Viertelstunde mit dem, was am Ende seiner Angel hing. Als er den Fisch gelandet hatte, verschlug es ihm den Atem. « So etwas hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen », erinnert sich der passionierte Angler, der seit 15 Jahren in Washingtons Hauptstadt im Potomac fischt. Am Haken hing ein etwa 45 Zentimeter langer, vier Pfund schwerer nordischer Schlangenkopf-Fisch, der in Anlehnung an Frankenstein « Frankenfisch » genannt wird. Es ist der fünfte Fisch dieser Art, der in den vergangenen Wochen aus dem Fluss in der US-Hauptstadt gezogen wurde.

Biologen, Fischer und Naturschützer sind in Panik. Denn nach Meinung der Experten gibt es auf der Welt kaum einen aggressiveren und gefrässigeren Fisch. « Er frisst alles, was er findet - Fische, Frösche und Insekten» , erzählt Doug Redmont von der Naturparkbehörde der Stadt. Seitdem das aus China stammende Tier vor zwei Jahren in einem Teich nahe der Hauptstadt gefangen wurde, fürchten Fischer und örtliche Behörden um das Leben in den heimischen Gewässern und bekämpfen ihn mit allen Mitteln.

Vor zwei Jahren schütteten die staatlichen Naturschützer Gift in den Teich, um alle Verwandten des gefangenen Schlangenkopf-Fisches zu töten. Rund 200 Minischlangenkopf-Fische schwammen kurz darauf mit dem Bauch nach oben - aber alle anderen Lebenwesen auch. 2003, als in einem See in Maryland, etwa 40 Kilometer von Washington entfernt, ein weiteres Exemplar des Raubfisches gefunden wurde, pumpte man den Teich leer, fand aber keinen anderen Schlangenkopf-Fisch. Man dachte, das Problem habe sich damit erledigt.

Doch im April tauchte der erste Schlangenkopf-Fisch im Potomac auf. Zu gern würde Doug Redmont wissen, wie die Tiere in die Teiche und den Potomac gekommen sind. Während der Import des Fisches in 13 US-Staaten gesetzlich verboten ist, kann man ihn in der US-Hauptstadt auf dem Markt in Chinatown und in einigen Zoogeschäften lebend kaufen. « Vermutlich ist jemanden der Appetit vergangen, bevor er den Fisch in die Pfanne gehauen hat, oder ihm wurde das Vieh in seinem Aquarium zu groß» , mutmaßt Redmont. Angelvereine in Washington wollen jetzt ein allgemeines Importverbot für die gesamten USA erreichen.

Ben Thompson, der gern am Potomac seine Angel ins Wasser hält, sieht schwarz und glaubt, dass sich der Schlangenkopf-Fisch bereits vermehrt hat. « Dann wird es hier zappenduster », meint der 73-Jährige, « dann ist hier bald alles leer und tot ». Denn in den großen Fluss, der sich durch Washington wälzt, kann man weder Gift schütten, noch kann man ihn auspumpen.

Der nordische Schlangenkopf-Fisch, der bis zu einem Meter lang und 15 Pfund schwer werden kann, hat keine natürlichen Feinde. Zudem ist der « Frankenfisch » nicht nur im Wasser, sondern auch an Land mobil. Mit Hilfe seiner Seitenflossen kann er das Wasser verlassen und für eine begrenzte Zeit über Land robben. Selbst dort kann das « Unterwasser-Monster » gefährlich sein. Das erfuhr kürzlich ein Nationalpark-Ranger, der ein Exemplar, was ihm ein Fischer gebracht hatte auf den Boden legte und beobachtete. Ehe sich der Mann versah, hatte der Fisch nach seinem Schuh geschnappt und das dicke Leder kurzerhand bis auf den Fuß durchgebissen.

So ist es kein Wunder, dass man das Tier jetzt sogar per Steckbrief in Washington und dem Umland sucht. Steve Early, von der Naturschutzbehörde in Maryland, hat Hunderte von Fahndungspostern an allen beliebten Angelplätzen angebracht. Er rät jedem, der, einen « Frankenfisch » fängt, ihn « sofort auszubluten ». Wer einen nordischen Schlangenkopf-Fisch fängt, muss ihn bei den Behörden abgeben. Als Belohnung bekommt er eine eigens angefertigte Schirmmütze, die für jeden sichtbar bestätigt, dass der Besitzer den gefürchteten Fisch gefangen hat.

Acknowledgement and Source(s)

This text was originally published in: Hamburger Abendblatt . June 10th, 2004.

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